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(Stand: Januar 1997)
Während der vorlesungsfreien Zeit des Rechtsstudiums ist eine dreimonatige praktische Studienzeit abzuleisten; die Teilnahme ist Voraussetzung für die Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung (§ 6, § 8 Abs. 1 Nr. 3 JAPrO).
A. Ausbildungsstellen
Die praktische Studienzeit soll einen ersten Einblick in die Praxis der Rechtsanwendung geben und so das Verständnis für die sozialen Bedingungen und Auswirkungen des Rechts wecken. Insbesondere will sie das Zusammenspiel zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht veranschaulichen.
Die praktische Studienzeit kann bei allen Stellen im In- und Ausland abgeleistet werden, bei denen Rechtsanwendung praktiziert wird. Unter der verantwortlichen Leitung eines Juristen oder einer sonstigen fachkundigen Person (z.B. Steuerberater, Beamter des gehobenen Dienstes) ist eine Anschauung von praktischer Rechtsanwendung zu vermitteln. Nicht ausreichend ist eine Tätigkeit, die in erster Linie organisatorischen oder wissenschaftlichen Charakter hat.
Die Studierenden müssen sich selbst um eine geeignete Ausbildungsstelle bemühen. Eine Genehmigung des Landesjustizprüfungsamtes zur Durchführung einer praktischen Ausbildung ist nicht erforderlich.
B. Aufteilung
Eine Aufteilung in verschiedene Bereiche (Strafrecht, Zivilrecht, öffentliches Recht) oder eine Ableistung bei unterschiedlichen Ausbildungsstellen (z.B. Gericht, Staatsanwaltschaft, Verwaltung) ist nicht erforderlich . Die Ausbildung kann in jedem Bereich und bei allen Ausbildungsstellen abgeleistet werden.
Das Praktikum kann bei einer oder mehreren Ausbildungsstellen abgeleistet werden. Bei Ableistung des Praktikums in Teilabschnitten muß grundsätzlich jeder Abschnitt mindestens einen Monat dauern. Bei der Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung in Baden-Württemberg wird in ständiger Verwaltungspraxis ein vierwöchiges Praktikum als einmonatiger Teilabschnitt anerkannt.
Beispiele:
- vier Wochen Praktikum bei einem Rechtsanwalt, acht Wochen Praktikum in der
Rechtsabteilung eines Wirtschaftsunternehmens oder
- zweimal sechs Wochen Praktikum bei einem Rechtsanwalt.
C. Gruppenausbildung bei der Justiz
Für interessierte Studierende werden bei verschiedenen Justizbehörden (Gerichte, Staatsanwaltschaften) Gruppenausbildungen angeboten, die im Rahmen eines besonders reichhaltigen Programms Einblicke in die Justiz bieten. Diese Ausbildungen werden stets als Teilabschnitt der praktischen Studienzeit anerkannt. Die Ausschreibung erfolgt durch das Justizministerium Baden-Württemberg und wird am Schwarzen Brett der rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten des Landes ausgehängt. Die Zulassung zur Gruppenausbildung ist innerhalb der vorgesehenen Meldefrist bei der Geschäftsleitung der jeweiligen Behörde zu beantragen. Ein Anspruch auf Zulassung zur Gruppenausbildung besteht nicht.
D. Praktische Studienzeit außerhalb von Baden-Württemberg
Die Ableistung der praktischen Studienzeit - sei es in der Form einer Gruppen- oder Einzelausbildung - ist auch außerhaib von Baden-Württemberg möglich. Praktische Studienzeiten, die in einem anderen Bundesland entsprechend den dortigen Vorschriften abgeleistet wurden, wer den bei der Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung in Baden-Württemberg anerkannt.
E. Praktische Studienzeit im Ausland
Nach § 6 Abs. 1 JAPrO kann die praktische Studienzeit auch ganz oder teilweise bei einer Stelle im Ausland abgeleistet werden, die eine Anschauung von praktischer Rechtsanwendung vermittelt. In Betracht kommen alle Stellen, bei denen die Studentin/der Student unter der verantwortlichen Leitung eines Juristen eine Anschauung von der dort praktizierten Rechtsanwendung erhält. Es ist nicht erforderlich, daß eine Anschauung von der Anwendung deutschen Rechts vermittelt wird.
F. Zeitpunkt der Ableistung der praktischen Studienzeit
Die praktische Studienzeit kann nur während der vorlesungsfreien Zeit des Rechtsstudiums abgeleistet werden. Ansonsten kann sie bei der Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung nicht anerkannt werden. Es ist auf die Vorlesungszeit der Universität abzustellen, an der die Studentin/der Student eingeschrieben ist, ohne beurlaubt zu sein. Die Teilnahme an der praktischen Studienzeit ist frühestens in der auf das erste Fachsemester folgenden vorlesungsfreien Zeit möglich. Es wird empfohlen, bis zum Ende des sechsten Semesters an der praktischen Studienzeit teilzunehmen.
G. Bescheinigung
Zum Nachweis der Teilnahme an der praktischen Studienzeit ist dem Landesjustizprüfungsamt mit dem Antrag auf Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung eine Bescheinigung vorzulegen, aus der sich die Ausbildungsstelle, der verantwortliche Ausbilder, der genaue Zeitraum, sowie der Inhalt der Ausbildung und die Bestätigung regelmäßiger Teilnahme ergeben sollen. Vordrucke hierfür bestehen nicht.
Eine besondere Anerkennung von Praktika außerhalb des Zulassungsverfahrens ist nicht erforderlich und kann aufgrund der hohen Geschäftsbelastung im Landesjustizprüfungsamt regelmäßig nicht erfolgen. In Zweifelsfällen, in denen die vorliegenden Hinweise keinen ausreichenden Aufschluß geben, können Anfragen gerichtet werden an das
Justizministerium Baden-Württemberg
Landesjustizprüfungsamt
Postfach 10 34 61
70029 Stuttgart
Tel.: 0711/279-2366, 2368, 2363, 2364.
H. Befreiung von der praktischen Studienzeit
Wer eine Ausbildung in der Laufbahn des Rechtspflegers, Bezirksnotars oder des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes erfolgreich abgeschlossen hat, wird von einem zwei -monatigen Teilabschnitt der praktischen Studienzeit befreit. Der Antrag ist erst mit dem Gesuch um Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung beim Landesjustizprüfungsamt einzureichen; ihm ist eine beglaubigte Abschrift des Prüfungszeugnisses anzuschließen. Andere Ausbildungen (z.B. Bankkauffrau/-mann, Rechtsanwaltsgehilfin/-gehilfe, Ausbildungen für die Laufbahnen des mittleren Dienstes) sowie Berufs- und Praktikantentätigkeiten, die vor Aufnahme eines Rechtsstudiums liegen, rechtfertigen grundsätzlich keine Befreiung von der praktischen Studienzeit.
Eggensperger
Präsident